Die REDII wird konkret: Erstes Präaudit einer Biogasanlage erfolgreich durchgeführt
22.09.2021Die Blümel GmbH aus Teugn strebt die vorläufige Zertifizierung nach RED II an - Wir geben Handlungsempfehlungen aus der Praxis
Biogasanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung (FWL) größer 2 Megawatt müssen sich spätestens ab 2022 nach der Renewable Energy Directive II (RED II) zertifizieren lassen. Das Zertifikat ist dann notwendiger Bestandteil für die Vergütung nach dem EEG. Bei ihrem ersten Präaudit für eine Zertifizierung nach RED II trafen unsere Gutachter Harald Heinl und Arnold Multerer auf einen sehr gut vorbereiteten Anlagenbetreiber. Ähnlich den bekannten Vor-Ort-Terminen nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) prüften die Gutachter einige wesentliche Dokumente sowie relevante Sachverhalte auf der Anlage. Hierzu gehörten das Massenbilanzsystem, die Lieferkette der verarbeiteten Biomasse inklusive Lieferlisten und -mengen, Lagerplätze sowie Aufbereitungswege. Zudem nahmen die Zertifizierer stichprobenartig Einsicht in die Herkunftsnachweise der verarbeiteten Biomasse.
Arnold Multerer von OmniCert und Matthias Blümel begehen die Anlage beim REDII-Präaudit.
Was heißt das konkret?
Die Dokumentation: Die wesentlichen Dokumente für die REDII-Zertifizierung liegen den Anlagenbetreibern bereits vor. Sie überschneiden sich mit der Dokumentation, die im Rahmen des EEG anfällt. Verfügen die Betreiber über eine gute EEG-Dokumentation, ist der zusätzliche Aufwand für die Zertifizierung nach REDII überschaubar.
Die Selbsterklärung: Im Unterschied zum EEG bezieht die REDII jedoch auch die Lieferkette der verarbeiteten Biomasse in die Betrachtung mit ein. Für das Audit bedeutet das konkret, dass Betreiber den nachhaltigen Anbau bzw. die nachhaltige Erzeugung der Biomasse nachweisen müssen, also wo die Biomasse geerntet wurde. Tritt die Verordnung zum Januar 2022 in Kraft, betrifft sie auch die die gesamte Biomasse, die gerade einsiliert wird. Biomasse ohne Nachweis des nachhaltigen Anbaus darf auch unter der REDII verarbeitet werden. Für den daraus produzierten Strom wird dann aber keine EEG-Vergütung bezahlt.
Der Nachweis der nachhaltigen Erzeugung erfolgt per Selbsterklärung der Lieferanten, den die Anlagenbetreiber aktiv bei ihren Zulieferern einholen müssen. Mit dieser Selbsterklärung bestätigen die Lieferanten die nachhaltige Erzeugung ihrer Biomasse bzw. das Einhalten der Cross Compliance-Anforderungen. Liegt dem Zulieferbetrieb die Bestätigung für die Teilnahme am Cross Compliance-System vor, vereinfacht dies die Nachweisführung zur Nachhaltigkeit der Biomasse. Eine Übersicht der Nachweise, die im Einzelnen vorgelegt werden müssen, erhalten die Anlagenbetreiber wie üblich im Anschluss an die Beauftragung.
Das Ausfüllen bzw. Einholen der Selbsterklärungen ist unserer Erfahrung nach auf Grund der meist langjährigen und guten Beziehungen von Zulieferbetrieben und Anlagenbetreibern reine Formsache. Analog müssen auch Entstehungsbetriebe von Abfall- und Reststoffen eine entsprechende Selbsterklärung ausfüllen. Die Vordrucke des Systemgebers SURE für die Selbsterklärungen können Sie sich über diesen Link herunterladen.
Das Massenbilanzsystem: Neu ist für viele Anlagenbetreiber die Führung eines Massenbilanzsystems. Es handelt sich dabei um eine Gegenüberstellung bzw. Auflistung der eingesetzten Biomasse und der letztendlich produzierten Menge an Biogas. Ein solches Massenbilanzsystem muss mindestens die am Wareneingang gelieferte Biomasse, die im Bestand vorhandene Biomasse und die in der Biogasanlage eingesetzte Biomasse aufführen. Hierzu genügt zum Beispiel eine einfache Auflistung der mittels Excel-Tabelle.
Was müssen Anlagenbetreiber jetzt tun?
Nach jetzigen Kenntnisstand erwarten wir die Umsetzung der REDII zum 1. Januar 2022 über das Inkrafttreten der BiomasseStrom-Nachhaltigkeitsverordung (BioSt-NachV). Wir, die OmniCert Umweltgutachter GmbH, sind bereits seit Juni 2021 vom Systemgeber SURE GmbH - SUSTAINABLE RESOURCES Verification Scheme GmbH - zugelassen und können Biogasanlagen nach der Renewable Energy Directive zertifizieren. Neben dem Audit bei der Blümel GmbH haben wir in den vergangenen Wochen bereits einige Präaudits durchgeführt und zahlreiche Erfahrungswerte gesammelt, wie die REDII möglichst pragmatisch und mit wenig zusätzlichem Aufwand in die bestehenden Arbeitsabläufe integriert werden kann.
Wir empfehlen Betreibern von Biogasanlagen bereits jetzt erste Schritte vorzunehmen und sich auf die anstehende Zertifizierung vorzubereiten. Zum einen sollten sie sich frühzeitig mit einer zugelassenen Zertifizierstelle in Verbindung setzen, damit konkrete Fragen, die den eigenen Betrieb betreffen, rechtzeitig geklärt werden und ein Termin für das Audit vereinbart werden können. Bisher sind nur wenige Zertifizierer in Deutschland für die REDII-Zertifizierung zugelassen. Eine aktuelle Übersicht finden Sie auf der Seite des Systemgebers SURE https://www.sure-system.org/de/kontakt/kontaktdaten.html#zertifizierungsstellen.
Vor allem aber, sollte bereits jetzt damit begonnen werden, die notwendigen Selbsterklärungen einzuholen, um später nicht unter Zeitdruck zu geraten. Denn fest steht: Sobald die RED II in deutsches Recht umgesetzt ist, läuft die Umsetzungsfrist, bis ein REDII-Zertifikat für Biogasanlagen vorgelegt werden muss. Anlagen, die unter die REDII fallen, benötigen dieses dann für den Erhalt ihrer EEG-Vergütung.
Dank an die Blümel GmbH
Wir bedanken uns an dieser Stelle sehr herzlich bei Matthias Blümel, dass er uns als Pioneer-Betrieb für unser erstes RED II-Präaudit zur Verfügung gestanden hat. Matthias Blümel sieht die RED II-Zertifizierung auch als Chance, die Nachhaltigkeit der Anlage nach außen darzustellen und hat sich bewusst für die vorzeitige Zertifizierung entschieden, um bestmöglich auf die neue Verordnung vorbereitet zu sein. "Es war klar, dass bei einem ersten Audit zu RED II mehr offene Punkte auftauchen würden, als bei den jährlichen EEG-Terminen," erklärt Matthias Blümel nach der Zertifizierung. Bis zum Inkrafttreten der RED II bleibt ihm nun noch reichlich Zeit, offene Punkte zu klären und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Bild: Geschäftsführer Matthias Blümel führte die Gutachter der OmniCert, Dipl.-Ing. (FH) Harald Heinl und Dipl.-Ing. Arnold Multerer, mit Dipl.-Ing. agr. Hanne Koch-Steindl über die Anlage.
Was ist die REDII?
Die Renewable Energy Directive II (RED II) ist eine Verordnung der Europäischen Union und Nachfolger der RED I. Sie wurde bereits im Dezember 2018 vom Europäischen Parlament beschlossen. Ziel der Richtlinie ist es, bis zum Jahr 2030 mindestens 32 Prozent des Bruttoendverbrauches durch erneuerbare Energien zu decken. Die RED I und II legen Nachhaltigkeitskriterien unter anderem für Biomasse fest. Die RED I konzentrierte sich vor allem auf den Biokraftstoffmarkt und flüssige Biobrennstoffe. Die RED II konkretisiert nun vor allem die Kriterien für den Strom- und Wärmesektor in Hinblick auf landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Biomasse sowie Abfall- und Reststoffe. Die Mitgliedsstaaten der EU hatten bis zum 1. Juli 2021 Zeit, die Direktive in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland wird die Umsetzung der Richtlinie über die Biomassestromnachhaltigkeitsverordnung – BioSt-NachV - voraussichtlich zum 1. Januar 2022 geschehen.
Die EU möchte den Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix weiter ausbauen. In den kommenden Jahren wird die CO2-Bilanzierung daher an Bedeutung gewinnen. Die Biogasbranche ist durch das Einbeziehen der Biomasselieferanten in der Lage, die CO2-Bilanzierung der gesamten Wertschöpfungskette nachzuweisen. Dies wertet den Stand der Bioenergie in der politischen Diskussion enorm auf.